Der Geschädigte muss sich nicht auf Angebote räumlich entfernter Interessenten oder einen Sondermarkt verweisen lassen – es sei denn er ist selbst Gebrauchtwagenhändler

Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung bestätigt, wonach sich der Geschädigte nicht auf Angebote räumlich entfernter Interessenten oder einen Sondermarkt verweisen lassen muss – es sei denn er ist selbst Gebrauchtwagenhändler.

BGH, Urteil vom 25.06.2019 – VI ZR 358/18

Aus den Entscheidungsgründen:

„1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Geschädigte eines Verkehrsunfalls in der Regel nicht verpflichtet ist, bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs die Angebote räumlich entfernter Interessenten einzuholen, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen oder dem Schädiger Gelegenheit zum Nachweis höherer Restwertangebote zu geben.“

„a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats leistet der Geschädigte eines Verkehrsunfalls dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Allgemeinen Genüge, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeugs zu dem Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Senatsurteile vom 27. September 2016 – VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rn. 9; vom 1. Juni 2010 – VI ZR 316/09, NJW 2010, 2722 Rn. 7). Der Geschädigte ist weder verpflichtet, über die Einholung des Sachverständigengutachtens hinaus eigene Marktforschung zu betreiben und dabei die Angebote auch räumlich entfernter Interessenten einzuholen (Senatsurteile vom 27. September 2016 – VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rn. 9; vom 7. Dezember 2004 – VI ZR 119/04, NJW 2005, 357, 358, juris Rn. 16; vom 6. April 1993 – VI ZR 181/92, NJW 1993, 1849, 1851, juris Rn. 15) oder einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen (Senatsurteile vom 27. September 2016 – VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rn. 9, 13; vom 1. Juni 2010 – VI ZR 316/09, NJW 2010, 2722 Rn. 7), noch ist er gehalten abzuwarten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und gegebenenfalls bessere Restwertangebote zu übermitteln (Senatsurteil vom 27. September 2016 – VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rn. 9, 12; vgl. Senatsurteil vom 6. April 1993 – VI ZR 181/92, NJW 1993, 1849, 1851, juris Rn. 16).“

„b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der an seiner jüngsten Entscheidung (Senatsurteil vom 27. September 2016 – VI ZR 673/15, NJW 2017, 953) geäußerten Kritik (Figgener, NJW 2017, 955; Scholten, SVR 2017, 451; Wenker, juris PR-VerkR 2/2017 Anm. 1; zuvor schon Lemcke, r+s 2016, 267) grundsätzlich fest.“

„Vorrangiger Grund für die Entscheidung, bei der Ermittlung des Restwerts grundsätzlich maßgeblich auf den regionalen Markt abzustellen, ist dabei weiterhin die Überlegung, dass es einem Geschädigten möglich sein muss, das Fahrzeug einer ihm vertrauten Vertragswerkstatt oder einem angesehenen Gebrauchtwagenhändler bei dem Erwerb des Ersatzwagens in Zahlung zu geben (Senatsurteil vom 27. September 2016 – VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rn. 13, vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2009 – VI ZR 205/08, NJW 2009, 1265 Rn. 9; vom 21. Januar 1992 – VI ZR 142/91, NJW 1992, 903, juris Rn. 13). Das für den Kauf eines Ersatzfahrzeugs unter Inzahlunggabe des Unfallwagens notwendige persönliche Vertrauen wird der Geschädigte ohne Nachforschungen, zu denen er nicht verpflichtet ist, aber typischerweise nur ortsansässigen Vertragswerkstätten und Gebrauchtwagenhändlern, die er kennt oder über die er gegebenenfalls unschwer Erkundigungen einholen kann, entgegenbringen, nicht aber erst über das Internet gefundenen, jedenfalls ohne weitere Nachforschungen häufig nicht ausschließbar unseriösen Händlern und Aufkäufern (Senatsurteil vom 27. September 2016 – VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rn. 13).“ …