Der digitale Nachlass – Runde 3 (die letzte)

Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 12.07.2018, Az. III ZR 183/17)

Nun hat der BGH entschieden, wie schon in erster Instanz das LG Berlin, dass die Eltern Zugriff auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter haben dürfen. Der Vertrag sei – wie alle anderen Vermögensgegenstände – vererbbar. Der BGH zieht richtigerweise die Parallele zu analogen persönlichen Nachlassgegenständen wie beispielsweise Briefen und Tagebüchern. Datenschutzgründe, wie sie das LG Berlin fehlerhaft sah, stünden nicht entgegen.

Nun ist also endlich die durch drei Instanzen geprüfte Streitfrage der Vererblichkeit des digitalen Nachlasses geklärt. Das Urteil hat Wirkung auch für die Frage der Vererblichkeit von emails, cloud-Daten, usw.

Der digitale Nachlass – Runde 2

Hinweis: diese Entscheidung ist zwischenzeitlich durch den BGH aufgehoben
Entscheidung (BGH, Urt. v. 12.07.2018, Az. III ZR 183/17)

Nachdem das Landgericht Berlin zunächst zugunsten der Mutter als Erbin ihrer 15-jährig verstorbenen Tochter entschieden hatte, hat nun das Kammergericht Facebook Recht gegeben und die Klage abgewiesen.

In seiner Entscheidung (KG Berlin, Urt. v. 31.05. 2017, Az. 21 U 9/16) vertritt das KG die Meinung, dass die Mutter keine Einsicht in die Kommunikation ihrer Tochter mit Dritten erhalte. Weder ein theoretisch denkbarer erbrechtlicher Anspruch noch andere gesetzliche Regeln oder das elterliche Sorgerecht sollen nach Auffassung des KG einen Anspruch begründen.

Das KG begründet seine Entscheidung im Wesentlichen mit einem Vorrang des Fernmeldegeheimnisses nach dem TKG. Diese Auffassung ist wenig überzeugend. Die Entscheidung wird durch den BGH in der Revision noch überprüft.

Der digitale Nachlass – Runde 1

Hinweis: diese Entscheidung ist zwischenzeitlich durch den BGH bestätigt
Entscheidung (BGH, Urt. v. 12.07.2018, Az. III ZR 183/17)

In einer bereits weit in der Presse besprochenen Entscheidung vom 17.12.2015 hat das LG Berlin (20 O 172/15) den Erben den Zugriff auf ein Facebook-Benutzerkonto der verstorbenen Erblasserin ermöglicht. Das Landgericht hat drei ganz wesentliche Dinge klargestellt:

1) Es gilt für den Vertrag deutsches Recht und die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit.

2) Eine unterschiedliche Behandlung des digitalen und des „analogen“=“normalen“ Nachlasses ist nicht gerechtfertigt.

3) Die anders lautenden Nutzungsbedingungen von Facebook, das postmortale Persönlichkeitsrecht und auch das Datenschutzrecht stehen der Verwertbarkeit des Nutzerkontos durch die Erben nicht entgegen.

Zugrunde lag das Versterben der noch minderjährigen Tochter der Klägerin. Die Klägerin wollte die in der Vergangenheit gespeicherten Daten einsehen, nicht den Account für die Tochter weiternutzen.  Sie hatte von der verstorbenen Tochter zu Lebzeiten die Zugangsdaten zum Facebook-Benutzerkonto erhalten, konnte jedoch keinen Zugriff erlangen, da das Benutzerkonto durch einen „Freund“ in den „Gedenkzustand“ versetzt worden war. Die Klage hatte aus den vorstehend aufgezeigten Gründen Erfolg. Mit dieser Entscheidung ist ein guter Schritt zur rechtlichen Handhabe digitaler Inhalte getan.

Rundfunkbeitrag ist verfassungsgemäß

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat (nun auch) entschieden (Urt. v. 18.07.2018, Az. 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17): Die Rundfunkbeitragspflicht ist im privaten und im nicht privaten Bereich im Wesentlichen mit der Verfassung vereinbar. Einzig nicht vereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist allerdings, dass auch für Zweitwohnungen ein Rundfunkbeitrag geleistet werden muss.

Das BVerfG hat somit die noch offenen Frage ebenfalls im Sinne des Erhaltes des Rundfunkbeitrages entschieden. Klarheit ist geschaffen dahingehend, dass es sich bei dem Rundfunkbeitrag um einen Beitrag und nicht um eine Steuer handele; somit ist die Gesetzgebungskompetenz der Länder gegeben. Die Anknüpfung an die Wohnung ist genügend konkret im Sinne eines Ersatz- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstabes, da eine „realistische Nutzungsmöglichkeit“ bestehe.

Für Zweitwohnungen ist dem Gesetzgeber auferlegt, bis 2020 eine neue, verfassungsgemäße, Regelung in Kraft zu setzen. Bis dahin sind auf Antrag Befreiungen möglich.

Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erklärt Rundfunkbeitrag für rechtmäßig

BVerwG 6 C 6.15; BVerwG 6 C 7.15; BVerwG 6 C 8.15; BVerwG 6 C 22.15; BVerwG 6 C 23.15; BVerwG 6 C 26.15; BVerwG 6 C 31.15; BVerwG 6 C 33.15; BVerwG 6 C 21.15; BVerwG 6 C 25.15; BVerwG 6 C 27.15; BVerwG 6 C 28.15; BVerwG 6 C 29.15; BVerwG 6 C 32.15

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in insgesamt 18 Revisionsverfahren die Befreiungsbemühungen der Kläger wegen nicht vorhandener Empfangsgeräte wie Fernseher, Radios oder PCs zurückgewiesen. Das Gericht wies darauf hin, dass der Runfunkbeitrag für private Haushalt verfassungsgemäß erhoben werde.

Die Rechtsprechung betrifft direkt nur Verfahren, welche gegen den WDR und den BR geführt wurden. Identisch ist allerdings die Bewertung für die Verfahren aus Baden-Württemberg und den Südwestrundfunk übertragbar. Nachdem nun das Bundesverfassungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung an sich und das Bundesverwaltungsgericht bezogen auf die Gebührenerhebung auch ohne Empfangsgeräte entschieden hat, blieben nur noch europarechtliche Einwände gegen das deutsche Gebührenerhebungsmodell.

Da nach einem Beschluss des LG Tübingen (Beschluss vom 19. Mai 2014, 5 T 81/14, juris) durch den BGH (Beschluss vom 11.Juni 2015, I ZB 64/14) geklärt ist, dass die Vollstreckungsersuchen des Südwestrundfunkes formal rechtmäßig sind, auch wen sie „automatisiert“ erstellt wurden, ergibt sich aktuell keine belastbare rechtlich zu empfehlende Strategie mehr gegen die Gebührenerhebung.

In der Pressemitteilung vom 18.03.2016 (21/2016) wird erklärt: „Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Rundfunkrecht umfasst auch die Regelungsbefugnis für den Rundfunkbeitrag. Die Kompetenzregelungen der Finanzverfassung des Grundgesetzes sind nicht anwendbar, weil es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer, sondern um eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe handelt. Der Rundfunkbeitrag wird nicht wie eine Steuer voraussetzungslos, sondern als Gegenleistung für die Möglichkeit erhoben, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme empfangen zu können.“ … „Die Annahme, dass Rundfunkprogramme typischerweise in Wohnungen empfangen werden, hält sich innerhalb des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums, weil nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamts weit über 90 % der privaten Haushalte mit Fernsehgeräten ausgestattet sind. Auch mussten die Landesgesetzgeber nicht an der geräteabhängigen Rundfunkgebühr festhalten, weil deren Vereinbarkeit mit dem Verfassungsgebot der Abgabengerechtigkeit zumindest zweifelhaft war. Insbesondere die Verbreitung multifunktionaler Empfangsgeräte führte dazu, dass das gebührenpflichtige Bereithalten eines Empfangsgeräts gegen den Willen der Besitzer nicht mehr festgestellt werden konnte. Zum anderen stellt die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe nach der bindenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Finanzierung dar.“…“Nach alledem ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, eine Befreiungsmöglichkeit bei fehlendem Gerätebesitz zu eröffnen. Dies würde das gesetzliche Ziel, eine möglichst gleichmäßige Erhebung des Beitrags zu gewährleisten, konterkarieren. Hinzu kommt, dass der Nachweis, nicht über ein Empfangsgerät zu verfügen, aufgrund der technischen Entwicklung mit angemessenem Aufwand nicht mehr verlässlich erbracht werden kann.

Die Anknüpfung der Beitragspflicht an die Wohnung verstößt nicht zu Lasten der Personen, die eine Wohnung alleine innehaben, gegen das Gebot der Gleichbehandlung, weil hierfür ein hinreichender sachlicher Grund besteht: Die Wohnung stellt den typischen Ort des Programmempfangs dar und ermöglicht es, die Beiträge ohne tatsächlichen Ermittlungsaufwand zu erheben. Darauf durften die Landesgesetzgeber angesichts der Vielzahl der beitragsrelevanten Sachverhalte, der Häufigkeit der Beitragserhebung und der Beitragshöhe abstellen.“