Verfahrensablauf im Arbeitsrecht

Hier finden Sie einen ersten Überblick über das Verfahren vor dem Arbeitsgericht.

Der Verfahrensablauf im Arbeitsrecht orientiert sich an dem ganz normalen zivilrechtlichen Verfahren. Es gelten jedoch Sonderregelungen, welche insbesondere durch das Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) geregelt sind. Beteiligte an einen Verfahren vor dem Arbeitsgericht sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmervertreter wie z.B. Betriebsräte.

Wann ist ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht notwendig?

Ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist immer dann notwendig, wenn es keine außergerichtliche Lösungsmöglichkeit (mehr) gibt.

Der wichtigste Fall für Arbeitnehmer ist die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach Erhalt einer arbeitgeberseitigen Kündigung. Da es bei der Frage um den Erhalt des Arbeitsplatzes in der Regel um eine existenzielle Frage geht, sollte schnellstmöglich ein Anwalt beauftragt werden, welcher die Kündigungsschutzklage bei Gericht einreicht. Es gilt die wichtige 3-Wochen-Frist zu beachten. Verstreicht diese ohne wirksame Klageerhebung, ist der Anspruch des Arbeitnehmers hinfällig.

Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie nach Klageerhebung Post vom Arbeitsgericht erhalten und hierauf reagieren müssen. Auch Arbeitgeber sollten sich anwaltlicher Hilfe versichern, da die Begründung einer wirksamen Kündigung nicht so einfach ist, wie es auf den ersten Blick erscheint.

Ein Verfahren kann auch erforderlich werden, wenn es Streitigkeiten um die Lohn-/Gehaltszahlung, die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Überstundenvergütung, Provisionen, Zeugnisse usw. gibt.

Welche Arten von Verfahren vor dem Arbeitsgericht gibt es?

Welche Verfahren vor dem Arbeitsgericht geführt werden „müssen“ steht im Arbeitsgerichtsgesetz. Es geht natürlich um Verfahren mit Bezug zu einem (ehemaligen) Arbeitsverhältnis. Es gibt, vereinfacht gesagt, zwei verschiedene Verfahrensarten vor den Arbeitsgerichten.

Das Urteilsverfahren

Die erste Verfahrensart ist das Urteilsverfahren. In diesem Verfahren vor dem Arbeitsgericht werden die Streitigkeiten der Arbeitnehmer mit dem (ehemaligen) Arbeitgeber entschieden.

Es kann z.B. um Streitigkeiten über das Bestehen oder nIchtbestehen eines Arbeitsverhältnisses, Befristung, die Lohn-/Gehaltszahlung, die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Überstundenvergütung, Provisionen, Zeugnisse usw. gehen. Auch Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern untereinander gehören hierher.

Handelt es sich um ein Kündigungsschutzverfahren, ist das Ziel des Rechtsstreits der Erhalt des Arbeitsplatzes. Das Arbeitsgericht wird am Ende feststellen, ob das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Arbeitgebers wirksam beendet wurde oder nicht. Um eine Entscheidung des Gerichts zu vermeiden, kann auch eine Einigung gefunden werden, z.B. unter Einbeziehung einer Zahlung des Arbeitgebers als Abfindung.

Das Beschlussverfahren

Das zweite Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist das Beschlussverfahren. In diesem geht es im Wesentlichen um Streitigkeiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz und dem Mitbestimmungsgesetz mit Nebenregelungen. Zumeist findet es zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bzw. den Tarifparteien statt.

Wer ist eigentlich Arbeitnehmer?

Nach der gesetzlichen Definition in § 5 ArbGG sind Arbeitnehmer Arbeiter und Angestellte, sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.

Keine Arbeitnehmer sind alle diejenigen Personen die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung einer juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind. Wichtig: Kommt es also zu einer Streitigkeit zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer oder Vorstand sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig. Abberufene Vertreter dürfen allerdings vor dem Arbeitsgericht klagen.

Was muss ich tun um ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht einzuleiten?

Sie müssen vor dem zuständigen Arbeitsgericht eine Klage einreichen. In der schriftlichen Klageschrift muss immer das zuständige Gericht angegeben werden. Der Gegner muss ebenfalls mit vollem Namen bzw. Firmierung nebst Vertretung und Anschrift angegeben werden. Es muss zudem ein konkreter Antrag gestellt – z.B. auf Zahlung eines Geldbetrages brutto/netto – und auch begründet werden.

Die Klage dürfen Sie selbst formulieren oder mündlich bei der Rechtsantragstelle des zuständigen Arbeitsgerichts anbringen, jedoch ist die Formulierung der Klage die klassische Aufgabe des fachkundigen Rechtsanwaltes im arbeitsgerichtlichen Verfahren.

Wichtige Fristen

Für verschiedene Sachverhalte gibt es verschiedene Fristen. Wollen Sie sich z.B. gegen eine schriftliche arbeitgeberseitige Kündigung zur Wehr setzen, müssen Sie Ihre Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung bei dem für Sie zuständigen Arbeitsgericht erheben.

Für Zahlungsansprüche gelten oft vertragliche Ausschlussfristen. Hier hilft der Blick in den Arbeitsvertrag. Doch Vorsicht! Viele Arbeitsverträge enthalten unwirksame Fristenklauseln, weshalb häufig auch nach Ablauf der dort genannten Fristen noch geklagt werden kann. Ausschlussfristen können sich z.B. auch aus Tarifverträgen ergeben. Schließlich gilt für alle Ansprüche die gesetzliche Verjährung.

Welches Gericht ist zuständig?

In der Regel ist das zuständige Arbeitsgericht dasjenige, in welchem der Arbeitgeber seinen Sitz hat. Ist der Arbeitgeber eine natürliche Person, ist dies sein Wohnsitz. Ansonsten ist es der Sitz des Unternehmens oder ggf. der Sitz der Niederlassung. Es gibt jedoch zahlreiche Ausnahmen und ggf. auch ein Wahlrecht zwischen verschiedenen Gerichten. Arbeiten Sie z.B. für einen Arbeitgeber der seinen Sitz in Stuttgart hat ausschließlich in Balingen, so kann auch bei dem für Balingen zuständigen Arbeitsgericht Reutlingen geklagt werden. In Tarifverträgen können besondere Zuständigkeiten vereinbart werden.

Wie läuft das Verfahren vor dem Arbeitsgericht ab?

Die Formalien

Nach Klageerhebung wird die Klage registriert und erhält ein Aktenzeichen. Bei der Arbeitsgerichtsbarkeit in Baden-Württemberg ist der digitale Rechtsverkehr eingerichtet, was bedeutet, dass das Verfahren intern digital „ohne Papier“ geführt wird. Sie erhalten jedoch alle Dokumente weiterhin per Post.

Der Gegner erhält die Klage förmlich zugestellt. Zugleich bestimmt das Arbeitsgericht dann den weiteren Ablauf durch eine Verfügung. In dieser wird in Urteilsverfahren in der Regel ein erster Termin bestimmt, der Gütetermin. Zu diesem Termin werden Sie und der Gegner geladen. Möglicherweise gibt das Arbeitsgericht auch ergänzende Hinweise.

Termine vor dem Arbeitsgericht können auch als sog. Videoverhandlung stattfinden, sofern alle verfahrensbeteiligten zustimmen.

Der Gütetermin

Der Gütetermin findet in der Regel innerhalb von ca. 3 Wochen nach Eingang der Klage beim Arbeitsgericht statt. Im Gütetermin haben Sie die Möglichkeit, Ihr Anliegen mit dem vorsitzenden Richter der Kammer des Arbeitsgerichts und dem Gegner zu erörtern. Im Vordergrund steht der Versuch, eine gütliche Einigung zu finden. In vielen Fällen gelingt es auch tatsächlich, eine Einigung zu finden oder zumindest die weiteren Schritte zielführend vorzubereiten.

Die Einigung im Gütetermin kann auch die Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber beinhalten. Es können Regelungen zur Beendigung und zur Erteilung eines Zeugnisses sowie zu finanziellen Fragen aufgenommen werden.

Wird eine Einigung gefunden, wird diese in dem Protokoll des Termines schriftlich dokumentiert. Ein so gefundener Vergleich ist fast so gut wie ein Urteil, da die Einigung – nötigenfalls – auch vollstreckt werden kann.

Der Kammertermin

Findet sich keine Einigung, wird der Vorsitzende Richter einen zweiten Termin bestimmen, den Kammertermin. Der Kammertermin heißt so, da er vor der Kammer in voller Besetzung stattfindet. Neben dem Vorsitzenden Richter, sitzen noch zwei ehrenamtliche Richter bei. Einer davon stammt aus dem Arbeitgeber- und der zweite aus dem Arbeitnehmerlager.

Der Kammertermin findet in der Regel ca. 3-5 Monate nach dem Gütetermin statt. In der Regel werden vor dem Kammertermin Hinweise gegeben, Auflagen gemacht und Fristen gesetzt.

Im Kammertermin werden die Klage und die Erwiderung durch den Gegner nochmals ausführlich erörtert. Ggf. werden Unterlagen eingesehen und Zeugen gehört. Es besteht nochmals die Möglichkeit, eine Einigung zu finden. Gelingt diese erneut nicht, entscheidet die Kammer am Ende des Sitzungstages.

Das Urteil

Sind für die Kammer alle Rechtsfragen geklärt, spricht die Kammer ein Urteil, welches schriftlich abgefasst und den Parteien per Post einige Tage später zugestellt wird.

Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts ist in der Regel das Rechtsmittel der Berufung zum Landesarbeitsgericht zulässig. Über dieses Rechtsmittel enthält das Urteil am Ende eine ausführliche Belehrung.

Was kostet ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht?

Bei den Kosten ist zu unterscheiden zwischen den Anwalts- und den Gerichtskosten. Wichtig: Im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren vor dem Arbeitsgericht trägt jede Partei die Kosten eines von ihr beauftragten Rechtsanwalts grundsätzlich selbst – unabhängig davon, ob sie den Prozess gewinnt oder verliert.

Wie hoch die Kosten genau werden, richtet sich wesentlich nach dem sog. „Streitwert“. Für eine Kündigungsschutzklage werden z.B. drei Bruttomonatsgehälter zugrundegelegt, mit diesem Wert dann in eine allgemein gültige Gebühretabelle, das GKG für die Gerichtskosten und das RVG für die Anwaltsgebühren, geschaut und so die Kosten ermittelt. Bei Zahlungsansprüchen wird der Wert der Forderung angesetzt. Es gibt einen Streitwertkatalog der Arbeitsgerichtsbarkeit, welcher einen Überblick verschafft.

Je nach Umfang und Ausgang des Verfahrens fallen verschiedene Gebühren an. Sprechen Sie uns gerne in Ihrem konkreten Fall auf die voraussichtlichen Gebühren an.

Haben Sie eine Rechtschutzversicherung? Falls ja, übernimmt diese die Gebühren für die anwaltliche Vertretung und etwaige Gerichtskosten.

Die Vollstreckung arbeitsgerichtlicher Urteile

Mit einem Urteil aus dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht kann u.a. die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners betrieben werden. Zuständig ist meist das Amtsgericht am (Wohn-) Sitz des Schuldners als Vollstreckungsgericht. Für alle Vollstreckungsverfahren wird immer die „Vollstreckbare Ausfertigung“ benötigt; die Erteilung einer Vollstreckbaren Ausfertigung müssen Sie beim Arbeitsgericht unter Vorlage der Ihnen erteilten einfachen Ausfertigung des per Post übersandten Urteiles beantragen. Nachfolgend muss dann der Vollstreckungsauftrag gestellt werden. Es fallen Gebühren an.

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