Wem gehört das Sparguthaben – Großeltern, Eltern, Kindern?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte zu entscheiden über die Frage, wem das Spargutahben auf einem Sparbuch zusteht, wenn die Eltern das Sparguthaben anlegten, die Einzahlungen vornahmen und über das Sparbuch verfügten. Hierzu ist der Einzelfall zu betrachten, jedoch gibt der BGH im Tenor der Entscheidung einige Hinweise:

a) Kontoinhaber eines Sparkontos ist derjenige, der nach dem erkennbaren Willen des das Konto eröffnenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll (Anschluss an BGH Urteile vom 25.April 2005 -IIZR103/03-FamRZ 2005, 1168 und vom 2.Februar 1994 -IVZR51/93- FamRZ 1994, 625).

b) Daraus, dass die Eltern ein auf den Namen ihres minderjährigen Kindes angelegtes Sparbuch nicht aus der Hand geben, lässt sich nicht typischerweise schließen, dass sie sich die Verfügung über das Sparguthaben vorbehalten wollen (Abgrenzung zu BGH Urteile vom 18.Januar 2005 -XZR264/02- FamRZ 2005, 510 und BGHZ 46, 198 =FamRZ 1967, 37).

c) Für die Frage, ob einem Kind Ansprüche gegen seine Eltern wegen von diesen vorgenommenen Verfügungen über ein Sparguthaben zustehen, ist das Innenverhältnis zwischen Kind und Eltern maßgeblich; der rechtlichen Beziehung zur Bank kommt insoweit nur indizielle Bedeutung zu.

BGH, Beschluss vom 17. Juli 2019 – XII ZB 425/18
Verfahrensgang: OLG Frankfurt am Main – AG Biedenkopf

Behörde muss Ermessen ausüben – Änderung der Rechtsprechung des BVerwG zum Entzug der Fahrerlaubnis bei Cannabiskonsumenten

(BVerwG, Urteile v. 11.4.2019, 3 C 13.17, 3 C 14.17, 3 C 7.18, 3 C 2.18, 3 C 8.18, und 3 C 9.18)

Leitsatz:

Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen. In solchen Fällen hat sie gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden.

Die Entscheidung des BVerwG betrifft alle Fälle, in denen nach durchgeführten Verkehrskontrollen eine Konzentration des psychoaktiven Cannabiswirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum von 1 ng/ml oder mehr festgestellt wurde.

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Kollision im Kreisverkehr – Vorfahrt für denjenigen, der als erster die Wartelinie erreicht

OLG Düsseldorf vom 15.09.2016 – I-1 U 195/14

Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass es nicht darauf ankommt, wer bei der Kollision bereits die längere Strecke im Kreisverkehr zurückgelegt hat. Vorfahrt hat derjenige, der als erster die Wartelinie erreicht. Wer mit hoher Geschwindigkeit die Geradeausrichtung wählt, kann sich so die Vorfahrt nicht erzwingen.

Aus den Entscheidungsgründen:

…“Es versteht sich jedoch von selbst, dass ein Verkehrsteilnehmer kein Vorfahrtrecht dadurch erzwingen kann, dass er sich im Vergleich zu einem langsameren Fahrer aus einer anderen Annäherungsrichtung, der schon deutlich näher an den Kreisel herangekommen ist, mit einer signifikanten Überschussgeschwindigkeit dem Kreisverkehr nähert. Ein zu hohes Annäherungstempo, welches dem Fahrer die Durchfahrt im Kreisel nur in Geradeausrichtung ermöglicht, verleiht diesem selbstredend kein Vorfahrtrecht in Bezug auf einen anderen Fahrer, der gleichzeitig die Kreisverkehrwartelinie erreicht und mit der gebotenen verhaltenen Geschwindigkeit in den bogenförmigen Straßenverlauf einbiegt.“

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Der Geschädigte muss sich nicht auf Angebote räumlich entfernter Interessenten oder einen Sondermarkt verweisen lassen – es sei denn er ist selbst Gebrauchtwagenhändler

Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung bestätigt, wonach sich der Geschädigte nicht auf Angebote räumlich entfernter Interessenten oder einen Sondermarkt verweisen lassen muss – es sei denn er ist selbst Gebrauchtwagenhändler.

BGH, Urteil vom 25.06.2019 – VI ZR 358/18

Aus den Entscheidungsgründen:

„1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Geschädigte eines Verkehrsunfalls in der Regel nicht verpflichtet ist, bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs die Angebote räumlich entfernter Interessenten einzuholen, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen oder dem Schädiger Gelegenheit zum Nachweis höherer Restwertangebote zu geben.“

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Schadensersatz für Beschädigung eines KfZ durch den Parkservice eines Hotel-Mitarbeiters

Das OLG Köln hat entschieden, dass der Halter eines KfZ Anspruch auf Schadensersatz hat, wenn ein Reifen durch einen Mitarbeiter des Hotel-Parkservice beschädigt wurde (OLG Köln v. 26.8.2019 – 22 U 134/17).

Eigentlich ist die Feststellung des Gerichts eine Selbstverständlichkeit. Wer anderen einen Schaden zufügt haftet. Das Verschulden des Mitarbeiters ist dem Hotel zuzurechnen.

Urlaub verfällt nicht automatisch am Jahresende

Das BAG hat die Vorgabe des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) umgesetzt, wonach Urlaub am Jahresende nicht automatisch verfällt. Es bedarf für einen Verfall von Urlaub einer vorherigen Aufforderung durch den Arbeitgeber mit einer deutlichen Warnung an den Arbeitnehmer, dass der Urlaub verfallen wird (Ur­teil vom 19.02.2019, 9 AZR 541/15 (Shi­mi­zu), EuGH, Ur­teil vom 06.11.2018, C-684/16 – Shi­mi­zu und EuGH, Ur­teil vom 06.11.2018, C-619/16 – Kreu­zi­ger).

Die Regel ist somit künftig die Übertragung von Urlaub in das Folgejahr. Damit dreht sich die bisherige Rechtslage in Deutschland, nach welcher bisher der Arbeitnehmer sich selbst (rechtzeitig) um die Beantragung von Urlaub kümmern musste.

Die Übertragung gilt übrigens auch für den Zu­satz­ur­laub Schwer­be­hin­der­ter: LAG Nie­der­sach­sen, Ur­teil vom 16.01.2019, 2 Sa 567/18

Kein Anspruch auf halbe Urlaubstage

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) entschied aktuell die Frage, ob Arbeitnehmer einen durchsetzbaren Anspruch auf halbe/anteilige Urlaubstage gegenüber dem Arbeitgeber haben. Es hat einen solchen Anspruch jedenfalls für den gesetzlichen Mindesturlaub verneint, LAG, Urteil vom 6.3.2019, 4 Sa 73/18

Die Leitsätze des Urteiles lauten:

1. Der Urlaub ist gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG zusammenhängend zu gewähren. Jedenfalls ein Urlaubswunsch, der auf eine Zerstückelung und Atomisierung des Urlaubs in Kleinstraten gerichtet ist, muss nicht erfüllt werden. Eine solche Urlaubsgewährung wäre nicht geeignet, die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers zu erfüllen.

2. Das BUrlG kennt keinen Rechtsanspruch auf halbe Urlaubstage oder sonstige Bruchteile von Urlaubstagen.

3. Von obigen Grundsätzen kann für die Urlaubsansprüche, die den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigen, durch vertragliche Vereinbarung abgewichen werden.

Die Entscheidung steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), welches vom Erfordernis einer einheitlichen Urlaubszeit und von fehlenden Auf- und Abrundungsmöglichkeiten ausgeht: BAG, Ur­teil vom 23.01.2018, 9 AZR 200/17.

Das Gesetz sieht in § 7 Abs.2 Satz 1 BUrlG vor, dass Urlaub so zu legen ist, dass mindestens 12 aufeinanderfolgende Werktage (= 2 Wochen) zusammenhängender Urlaub zu nehmen ist.

Folgerichtig begründet das LAG seine Entscheidung für den Arbeitnehmer abschlägig:

„Jedenfalls ausgehend von der gesetzgeberischen Grundwertung, dass der Urlaub Erholungszwecken zu dienen hat (BAG 29. Juli 1965 – 5 AZR 380/64 -), kann selbst auf Wunsch des Arbeitnehmers eine Zerstückelung und Atomisierung des Urlaubs in viele kleine Einheiten nicht gefordert werden (Arnold in Arnold/Tillmanns BUrlG 3. Aufl. § 7 Rn. 74; Neumann in Neumann/Fenski/Kühn BUrlG 11. Aufl. § 7 Rn. 62). Eine solche Urlaubsgewährung in Kleinstraten wäre vielmehr keine ordnungsgemäße Erfüllung des Urlaubsanspruchs des Arbeitnehmers.“

Verfassungsgerichtshof des Saarlandes erklärt Messungen mit Traffistar S 350 wegen fehlender Speicherung der Rohmessdaten für verfassungswidrig, Urteil vom 05.07.2019, Lv 7/17

Relevanz der Entscheidung

Das Geschwindigkeitsmessgerät Traffistar S 350 isz ein häufig genutztes Messgerät, welches Verstöße aus einer Weg-Zeit-Berechnung ermittelt. Hierzu werden die Messwerte für die Berechnung genutzt, jedoch nicht gespeichert. Eine Überprüfung der in die Berechnung eingestellten Werte ist nachträglich deshalb nicht mehr möglich. Zurecht beanstandet dies nun der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes.

Aus den Gründen:
„Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass ein Verteidiger die Grundlagen einer Geschwindigkeitsmessung eigenverantwortlich prüfen darf. Das ist auch dann der Fall, wenn er zunächst keine auf der Hand liegende Einwände – beispielsweise die mit dem Messergebnis unvereinbare bauartbedingte Geschwindigkeitsdrosselung oder sich aus dem Lichtbild offenkundig ergebende Unklarheiten – vortragen kann. Denn zu einer wirksamen Verteidigung gehört nicht nur, ein Gericht auf solche ihm ohnehin ins Auge fallenden Umstände aufmerksam zu machen, sondern nachforschen zu können, ob es bislang gerade nicht bekannte Zweifel an der
Tragfähigkeit eines Vorwurfs gibt. Wenn zu den rechtlichen Rahmenbedingungen eines standardisierten Messverfahrens zählt, sich mit Einwänden gegen seine Ergebnisse wenden zu dürfen, so darf einem Betroffenen nicht von vornherein abgeschnitten werden, solche Einwände erst zu ermitteln.

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Unfallflucht – bedeutender Fremdschaden ab € 2.500 netto, LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 04.06.2018 – 5 Qs 23/18

Redaktioneller Leitsatz:
Ein bedeutender Fremdschaden im Sinne von
§ 69 Absatz 2 Nummer 3 StGB liegt unter Berücksichtigung der Entwicklung der Einkommen und Kosten für die Beseitigung der Unfallfolgen ab einem Schaden von 2.500,- € netto vor. (Rn. BECKRS Jahr 2018 Randnummer 6)

Mit dem LG Nürnberg-Fürth hat nun ein prominentes Gericht den sehr wesentlichen „Grenzwert“ für die Annahme eines „bedeutenden Fremdschadens“ nach oben gesetzt. Die Anpassung folgt der allegemeinen Preisentwicklung und stellt eine vernünftige Handhabe für die Fälle der Unfallflucht dar. Im Ergebnis wird die Entziehung der Fahrerlaubnis nun erst ab diesem Betrag die Folge einer Unfallflucht. Zu beachten ist allerdings, dass in anderen Gerichtsbezirken (noch?) niedrigere Grenzen (eher bei ca. € 1.500,– bis € 2.000,– netto gelten!

Wichtig ist es allerdings immer auch, die zugrundegelegten Schadenspositionen im Einzelnen zu überprüfen. Werden z.B. überhöhte Kosten für Arbeitszeiten geltend gemacht, sind hier ggf. Korrekturen vorzunehmen so dass die jeweils geltende Grenze noch unterschritten werden kann.

Aus den Gründen:
„Ein bedeutender Fremdschaden liegt ab einem Betrag von 2.500 Euro (netto). Die Kammer hat die Änderung von § 44 Absatz 1 StGB und damit die seit dem 24.08.2017 geschaffene Möglichkeit der Verhängung von Fahrverboten von bis zu sechs anstelle von drei Monaten zum Anlass genommen, ihre Rechtsprechung zum Begriff des bedeutenden Fremdschadens zu ändern (bisher 1.800 Euro, vgl. z.B. Beschluss v. 11.04.2008, Az. 5 Qs 61/2008). Im Hinblick auf die in § 69 Absatz 2 Nummer 3 StGB angeordnete Gleichsetzung des bedeutenden Fremdschadens mit der Tötung bzw. nicht unerheblichen Verletzung eines Menschen einerseits und der wirtschaftlichen Entwicklung in den letzten zehn Jahren andererseits hat die Kammer im Interesse der Rechtssicherheit eine großzügige Anpassung der Wertgrenze nach oben vorgenommen. Die Kammer hat dabei die Entwicklung der Einkommen und der Kosten für die Beseitigung der Folgen von Verkehrsunfällen berücksichtigt und sich an einer groben Schätzung der wirtschaftlichen Entwicklung orientiert.

Quelle: BeckRS 2018, 37287

Cannabiskonsum – VGH München 24.04.2019, 11 Cs 18.2605

Redaktioneller Leitsatz:
Es entspricht einer gesicherten, auf rechtsmedizinischen Untersuchungen beruhenden Erkenntnis, dass jedenfalls ab einer Konzentration des THC-Metaboliten THC-COOH von 150 ng/ml im Blutserum von einem regelmäßigen Cannabiskonsum auszugehen ist (Fortführung von BayVGH BeckRS 2016,
BECKRS Jahr 40022 Rn. BECKRS Jahr 2016 Randnummer 13 mwN); dem ist die ständige Rechtsprechung und Fachliteratur gefolgt. (Rn. BECKRS Jahr 2019 Randnummer 13)

Der VGH München hatte sich mit Feststellungen zu Cannabiswerten auseinanderzusetzen. Es ging um die Frage des „regelmäßigen“ Cannabiskonsums, basierend auf einem THC-COOH-Wert von 150 ng/ml. Das Gericht bejahte die Frage eindeutig.

Aus den Gründen des Urteils:
„Bei der Annahme, dass jedenfalls ab einer Konzentration des THC-Metaboliten THC-COOH von 150 ng/ml im Blutserum von einem regelmäßigen Cannabiskonsum auszugehen ist, handelt es sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht um eine Spekulation, sondern um eine gesicherte, auf rechtsmedizinischen Untersuchungen beruhende Erkenntnis

„Cannabiskonsum – VGH München 24.04.2019, 11 Cs 18.2605“ weiterlesen