Die Frage der Wirksamkeit von Rückzahlungsverpflichtungen zu Fort- und Weiterbildungskosten stellt eine die Rechtsprechung beschäftigende „unendliche Geschichte“ dar.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hat mit dem genannten Urteil dem Diskussionsstand weitere Konkretisierung herbeigeführt.
Was war geschehen:
Der Arbeitnehmer war als Pfleger beschäftigt gewesen. Er absolvierte auf eigenen Wunsch im Zeitraum von Mai 2006 bis Mai 2008 erfolgreich den Lehrgang „Fachpflege Psychiatrie“. Dafür wurde er in diesem Zeitraum an 191 Tagen unter Entgeltfortzahlung freigestellt. Die Kosten für die Freistellung (€ 23.436,91) und die Lehrgangskosten (€ 4.602,26) übernahm die Klägerin gemäß einer zuvor abgeschlossenen formularmäßigen Fortbildungsvereinbarung. Diese sah eine Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers für diese Aufwendungen vor, wenn das Arbeitsverhältnis auf Wunsch des Arbeitnehmers oder aus von ihm zu vertretenden Gründen endet, wobei sich die Rückzahlungspflicht ratierlich vermindern sollte. Im ersten Jahr nach Lehrgangsabschluss waren die gesamten, im zweiten Jahr zwei Drittel und im dritten Jahr ein Drittel der Aufwendungen zurückzuzahlen. Zum 31.12.2010 schied der Arbeitnehmer nach Eigenkündigung aus. Der Arbeitgeber verlangte Rückzahlung eines Drittels der Aufwendungen. Das Arbeitsgericht hatte seiner Klage noch stattgegeben.
Das LAG wies den Arbeitgeber dann zunächst darauf hin, dass im eingeklagten Betrag zur Entgeltfortzahlung auch Gesamtsozialversicherungsbeträge enthalten seien. Diese müsse der Arbeitnehmer in keinem Fall zurückzahlen. Daraufhin nahm der Arbeitgeber den auf das anteilig eingeklagte Gehalt entfallenden Sozialversicherungsbeitrag zurück.
Trotzdem hat das LAG die Klage insgesamt abgewiesen, da die Fortbildungsvereinbarung einer AGB-Kontrolle nicht standhalte.
Im Wesentlichen hat das LAG erklärt, der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zu folgen, wonach bei einer zulässigen Gesamtbindungsdauer von drei Jahren eine jährlich gestaffelte Rückzahlung ausreichend sei. Das LAG vertritt die Auffassung, es sei einzig eine monatliche Staffelung rechtlich zulässig. Hierfür spreche, dass der Monatszeitraum eine im Arbeitsleben bekannte Größenordnung darstelle, was etwa bei der Bemessung der Vergütung oder tarifvertraglichen Fristen ersichtlich sei. In der Literatur wird insoweit bereits prognostiziert, dass das Bundesarbeitsgericht in der zu diesem Urteil anhängigen Revision einen Rechtsprechungswechsel vornehmen und entscheiden wird, dass keine jährliche Staffelung, sondern nur eine monatliche Staffelung zur Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel führe.
Folgende Gesichtspunkte sollten also beachtet werden:
- Die Rückzahlungspflicht sollte monatlich sich reduzieren (also je „erlebten“ Monat bei einer Fortbildungsdauer von 3 Jahren um 1/36).
- Sozialversicherungsbeiträge sollten ausdrücklich von der Rückzahlungsverpflichtung ausgenommen werden, wenn der Rückzahlungsbetrag sich auch auf Entgeltfortzahlung bezieht.
- Besonders wichtig ist darauf zu achten, dass die Rückzahlungspflicht nur ausgelöst wird, wenn der Arbeitnehmer das Ausscheiden zu vertreten hat (Eigenkündigung ohne berechtigten Grund, verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung).
- Schließlich sind die weiteren Anforderungen der Rechtsprechung hinsichtlich zulässiger Bindungsdauer und Transparenz zu beachten. Kleine Fehler führen zur Unwirksamkeit. Es gilt bei der AGB-Kontrolle immer das sogenannte „Alles-oder-Nichts-Prinzip“, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine unwirksame Klausel sozusagen auch die wirksame Klausel infiziert und insgesamt zur Nichtigkeit führt.
In jedem Fall ist davor zu warnen, solche Klauseln aus veralteten Formularsammlungen oder einfach aus dem Internet abzuschreiben. Fachkundige Beratung ist dringend angezeigt.