Die Berufung im Strafverfahren

Nach einem Urteil des Amtsgerichts in 1. Instanz sind die rechtlichen Möglichkeiten der Verteidigung noch nicht ausgeschöpft. Die Berufung im Strafverfahren eröffnet – im Gegensatz zur Revision – eine neue Tatsacheninstanz. Das erstinstanzliche Urteil wird also durch das Landgericht nicht lediglich auf Rechtsfehler überprüft. Es wird erneut verhandelt, Zeugen können erneut gehört und neue Beweismittel können berücksichtigt werden.

Die Zulässigkeit der Berufung

Gemäß § 312 StPO ist gegen die Urteile des Amtsgerichts, gleich ob solche des Strafrichters oder des Schöffengerichts, die Berufung zulässig. Das Berufungsverfahren findet an dem Landgericht im Bezirk des Amtsgerichts statt.

Frist zur Einlegung

Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt 1 Woche. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Berufung innerhalb dieser Frist beim Gericht eingeht. Wird das Rechsmittel nicht oder nicht rechtzeitig eingelegt, wird das Urteil rechtskräftig und vollstreckbar.

Form

Die Berufung muss in der richtigen Form bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, eingelegt werden. Es gilt die Schriftform oder die Möglichkeit der mündlichen Einlegung zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts zu wahren. Die Berufung im Strafverfahren muss nicht zwingend durch einen Verteidiger eingelegt werden.

Hemmung der Rechtskraft

Durch die Einlegung der Berufung wird die sog. Rechtskraft des Urteils gehemmt. Während der Dauer des Berufungsverfahrens kann das Urteil also nicht vollstreckt werden. Die Zeit kann genutzt werden, um die Berufungsverhandlung vorzubereiten. Auch können, sollte eine Bewährung in Betracht kommen, die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung geschaffen oder verbessert werden. Ein Angeklagter, der bisher auf freiem Fuß war, bleibt also, falls nicht neue Haftgründe zu berücksichtigen sind, weiterhin in Freiheit. Geldstrafen müssen vorerst nicht bezahlt werden.

Verschlechterungsverbot

Nach Einlegung der Berufung ist das Protokoll der Hauptverhandlung zu bewerten. Auch das schriftlich abgefasste Urteil muss geprüft und auf mögliche Chancen und Risiken für das Berufungsverfahren bewertet werden. In der Berufung kann, sofern nur der Angeklagte Berufung eingelegt hat, die Strafe nicht verschärft werden. Legt jedoch auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein, gilt dies nicht. Bewährungsauflagen können immer verändert und auch erweitert werden.

Berufungsbegründung

Nach vollständiger Bewertung der Akten ist darüber zu entscheiden, ob es sinnvoll ist, die Berufung schriftlich zu begründen. Dies ist immer dann hilfreich, wenn das Gericht auf rechtliche oder tatsächliche Probleme hingewiesen werden soll. Eine Begründung im Berufungsverfahren ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Wenn die Berufung nicht begründet wurde, muss sich das Berufungsgericht mit dem gesamten Verfahrensstoff befassen. Das Urteil aus 1. Instanz gilt als vollumfänglich angefochten.

Notfalls: Rücknahme der Berufung

Sollte sich nach Prüfung aller Unterlagen und Bewertung des Verfahrens in erster Instanz es herausstellen, dass die Berufung chancenlos ist, kann die Berufung auch zurückgenommen werden. Da die „Rücknahme der Rücknahme“ jedoch nicht möglich ist, sollte dieser Schritt sehr sorgfältig bedacht werden. Eine Beschränkung der Berufung auf einzelne Punkte ist möglich.

Berufungshauptverhandlung

Nach Einlegung der Berufung im Strafverfahren wird das Urteil in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht überprüft. Die Berufungsinstanz ist die letzte Tatsacheninstanz. Daher müssen unbedingt alle Beweismittel sowie sonstige Anträge spätestens im Berufungsverfahren gestellt werden. Verhandelt wird vor der kleinen Strafkammer, besetzt mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen. Die Verhandlung verläuft ähnlich wie das Verfahren in 1. Instanz. Es können Anträge gestellt und Beweis erhoben werden.

Nach der Berufungsinstanz ist noch die Revision möglich. Hier geht es jedoch nur noch um Rechtsfragen. Eine Beweisaufnahme findet nicht nochmals statt.

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