Mit dem neuen KCanG könnten sich in der rechtsprechung der gerichte Verschiebungen in der Beurteilung bisheriger „Grenzwerte“ bzw. üblicher Handhabungen ergeben. Für die medizinischen Fragen ändert das KCanG jedoch erst einmal nichts, weshalb eher davon auszugehen ist, dass die entspreche Rechtsprechung wenig Veränderung erfahren wird.
Beschluss des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 09.06.2021 (3 M 118/21)
Feststellung regelmäßiger Cannabiskonsum?
Nach gesicherter, auf rechtsmedizinischen Untersuchungen beruhender Erkenntnis ist ab einer Konzentration von THC-Metaboliten THC-COOH von 150 ng/ml im Blutserum nach aktueller Rechtsprechung von einem regelmäßigen Cannabiskonsum auszugehen.
Die Entscheidung OVG des Landes Sachsen-Anhalt greift eine Entscheidung des BayVGH, Beschluss vom 26.08.2019 (11 CS 19.1432) und weitere Entscheidungen auf. In diesen waren zu einer Vielzahl die medizinischen Grundlagen erhoben worden, dass nach gesicherter, auf rechtsmedizinischen Untersuchungen beruhender Erkenntnis ab einer Konzentration von THC-COOH von 150 ng/ml im Blutserum von einem regelmäßigen Cannabis-Konsum auszugehen sei.
Die Entscheidung
Der Antragsteller hatte bei einer nachgewiesenen THC-COOH-Konzentration von 180 ng/ml versucht das Gericht zu überzeugen, dass lediglich gelegentlicher Konsum vorliege. Verschiedenen Erklärungsversuchen folgte das Gericht nicht und erteilt dem Ansinnen des Antragstellers letztendlich eine Absage.
Zwar gelten die in Anlage 4 zur FeV vorgenommenen Wertungen nach Nr. 3 der Vorbemerkungen nur für den Regelfall. Hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles hatte der Antragsteller nach Auffassung des Gerichts indes nicht vorgetragen. Hieraus ist (auf Linie der ständigen Rechtsprechung) zu schließen, dass hier sehr belastbarer Vortrag zu halten wäre, sollte ein besonderer Ausnahmefall begründet werden.
Das OVG des Landes Sachsen-Anhalt führt im Weiteren noch aus, dass beispielsweise eine einmalige Urin-Untersuchung nicht geeignet sei, eine behauptete Drogenabstinenz lückenlos zu belegen.
Was folgt aus der Entscheidung?
Als Erkenntnis aus der genannten Entscheidung muss also gezogen werden, dass – auch wenn keine gesetzlichen Grenzwerte existieren – bei Cannabiskonsum und der Feststellung von TCH-COOH von mehr 150 ng/ml im Blutserum von einem regelmäßigen Konsum ausgegangen wird. Bei regelmäßigem Konsum ist nach ständiger Rechtsprechung die Fahrerlaubnis zu entziehen. Ausnahmen von diesem Regelfall bedürfen einer sehr fundierten Begründung und belastbarer forensischer Abstinenznachweise.
Anmerkung: „Unterhalb“ des regelmäßigen Konsums wird in einem Bereich zwischen THC-COOH von 75 ng/ml bis 150 ng/ml „nur“ gelegentlicher Konsum angenommen. Hier ermöglicht in vielen Fällen die Beibringung eines medizinischen-psychologischen Gutachtens den Nachweis gegebener Fahreignung. Aktuell sie auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.07.2020 (13 S 1800/21)