Kollision im Kreisverkehr – Vorfahrt für denjenigen, der als erster die Wartelinie erreicht

OLG Düsseldorf vom 15.09.2016 – I-1 U 195/14

Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass es nicht darauf ankommt, wer bei der Kollision bereits die längere Strecke im Kreisverkehr zurückgelegt hat. Vorfahrt hat derjenige, der als erster die Wartelinie erreicht. Wer mit hoher Geschwindigkeit die Geradeausrichtung wählt, kann sich so die Vorfahrt nicht erzwingen.

Aus den Entscheidungsgründen:

…“Es versteht sich jedoch von selbst, dass ein Verkehrsteilnehmer kein Vorfahrtrecht dadurch erzwingen kann, dass er sich im Vergleich zu einem langsameren Fahrer aus einer anderen Annäherungsrichtung, der schon deutlich näher an den Kreisel herangekommen ist, mit einer signifikanten Überschussgeschwindigkeit dem Kreisverkehr nähert. Ein zu hohes Annäherungstempo, welches dem Fahrer die Durchfahrt im Kreisel nur in Geradeausrichtung ermöglicht, verleiht diesem selbstredend kein Vorfahrtrecht in Bezug auf einen anderen Fahrer, der gleichzeitig die Kreisverkehrwartelinie erreicht und mit der gebotenen verhaltenen Geschwindigkeit in den bogenförmigen Straßenverlauf einbiegt.“

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Hohes Schmerzensgeld für Schockschaden eines miterlebenden Angehörigen

OLG Frankfurt am Main — Urt. v. 06.09.2017 – 6 U 216/16

Mit seiner Entscheidung hat das OLG der Ehefrau eines getöteten Motorradfahrers ein hohes Schmerzensgeld in Höhe von € 100.000,00 zugesprochen.
Die Besonderheit war allerdings, dass die Ehefrau bei dem Unfallereignis anwesend war. Sie mit ihrem PKW in unmittelbarer Nähe gefahren.

Aus den Gründen des Urteils:
…“(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können durch ein Unfallgeschehen ausgelöste, traumatisch bedingte psychische Störungen von Krankheitswert eine (zurechenbare) Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB darstellen, wenn die hinreichende Gewissheit besteht, dass die psychisch bedingte Gesundheitsschädigung ohne die Verletzungshandlung nicht aufgetreten wäre. Sog. Schockschäden, d.h. psychische Beeinträchtigungen infolge des Todes naher Angehöriger, sind dabei nur als Gesundheitsverletzung anzusehen, wenn sie pathologisch fassbar sind und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung vom tödlichen Unfall eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind (BGH, NJW 2015, 2246, 2248 [BGH 10.02.2015 – VI ZR 8/14]; BGH, NJW 2015, 1451, 1452 [BGH 27.01.2015 – VI ZR 548/12] Tz. 6 f. m.w.N.).“

„bb) Die Gesundheitsbeeinträchtigung der Klägerin zu 1) ist adäquat-kausal und zurechenbar darauf zurückzuführen, dass diese den tödlichen Unfall ihres Mannes miterleben musste. Sie ist nicht „lediglich“ davon benachrichtigt worden.“

„(2) Rechnet man die insgesamt € 100.000,00 (allein) auf die vergangenen ca. 12 Jahre um, beträgt das Schmerzensgeld nicht einmal € 8.500,00 pro Jahr. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Gesundheitsbeeinträchtigung der Klägerin zu 1) auch künftig andauern und sie aufgrund ihrer psychischen Belastung voraussichtlich nie ein „normales Leben“ führen können wird, ist ein Gesamtbetrag von € 100.000,00 zur Abgeltung ihres gesamten immateriellen Gesundheitsschadens nicht übersetzt.“

Auch für den Betreiber einer gewerblichen Flotte stellen Rechtsanwaltskosten für den von ihm beauftragten Rechtsanwalt für eine Unfallschadenregulierung grds. erforderlichen Herstellungsaufwand dar.

Die Geschädigte betrieb eine gewerblich genutzte Fahrzeugflotte. Ein fahrzeug wurde beschädigt. Die Haftung dem Grunde nach war zwischen den Parteien unstreitig.
Das Gericht hat die Ansprüche auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten zuerkannt. Es sei insbesondere nicht entscheidungserheblich, ob die Geschädigte über eine eigene Rechtsabteilung verfüge. Auch träfe sie keine Pflicht zur entsprechenden Einrichtung ihres Betriebes.
Auch der gewerbliche Flottenbetreiber darf deshalb in Unfallangelegenheiten „von Beginn an“ einen Rechtsanwalt einschalten und sich die Erstattung der hierzu anfallenden Kosten verlangen.

AG Münster, Urt. v. 8.5.2013 – 55 C 4095/12

AG Balingen: Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sind grundsätzlich immer zu ersetzen, wenn kein Fall vorliegt, in dem jeglicher Zweifel an der Ersatzpflicht ausgeschlossen war.

Das Amtsgericht Balingen hat in seiner Entscheidung (AG Balingen, Urt. v. 28.10.2014 – 4 C 322/14) zutreffend festgestellt, dass eine Ersatzpflicht für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für den Schädiger (bzw. dessen Haftpflichtversicherung) besteht. Dies gilt nur dann nicht, wenn von Anfang an ein Fall vorliegt, in dem jegliche Zweifel an der Ersatzpflicht des Schädigers dem Grunde und der Höhe nach ausgeschlossen waren zum Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwaltes.

Ähnliche Entscheidungen:
LG Hamburg – 306 S 85/15 – Leasinggesellschaft
AG Hamburg – 20a C 451/17 – Fahrzeugvermietung
AG Düsseldorf – 50 C 208/17 – Busunternehmen
AG Münster – 55 C 4095/12 – gewerbliche Fahrzeugflotte

Auch Fuhrparkbesitzer haben Anspruch auf Ersatz der außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren

Das AG Düsseldorf hat durch Urteil vom 24.01.2018 – Az.: 50 C 208/17 – entschieden, dass der Geschädigte als Folgeschaden auch die ihm für die außergerichtliche Geltendmachung seines Schadens entstandenen Rechtsanwaltsgebühren verlangen kann, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war. Dies war im vorliegenden Fall gegeben, da es sich um eine Schadensregulierung im Anschluss an einen Verkehrsunfall handelte. Selbst wenn der Haftungsgrund bei Verkehrsunfällen häufig eindeutig und unstreitig ist, trifft dies auf die Haftungshöhe nicht zu. Sowohl die restriktive Schadensregulierung der Haftpflichtversicherer als auch die komplexe obergerichtliche Rechtsprechung zur (Nicht-) Berechtigung von Unfallschadenspositionen führt dazu, dass es einfach gelagerte Verkehrsunfallsachverhalte nicht gibt. Eine Schadensersatzpflicht entfällt auch nicht deswegen, weil die Geschädigte über einen großen Fuhrpark verfügt und damit regelmäßig mit Verkehrsunfällen konfrontiert ist. Originäre Aufgabe der Klägerin ist es nicht, Schadensfälle abzuwickeln, sondern den Personentransport mit Bussen durchzuführen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie: hier

Quelle: www.verkehrsanwaelte.de

Die Entscheidung ist selbstverständlich auf Speditionen und andere Fuhrparkbetreiber zu übertragen. Was für größere Unternehmen gilt, hat bei kleineren Unternehmen erst recht zu gelten. Ein Rechtsanwalt darf auf jeden Fall zur Unfallregulierung hinzugezogen werden.

Anspruch auf Nutzungsausfall auch ohne Ersatzbeschaffung

Immer wieder beschäftigt in der Unfallregulierung die Gerichte die Frage, ob Nutzungsausfall auch ohne Ersatzbeschaffung eines „neuen“ Fahrzeuges durch den Schädiger zu ersetzen ist. Monoton trägt die Versicherungsseite immer wieder vor, dass dies so sei. Indes findet sich, obwohl die Amtsgerichte in der Mehrzahl ebenfalls gegen die Unfall-Geschädigten entscheiden, hierfür die gesetzliche Grundlage nicht.

Die Voraussetzungen für den Ersatz von Nutzungsausfall sind der Verlust der Nutzungsmöglichkeit bei gleichzeitig gegebenem Nutzungswillen. Die persönliche Möglichkeit der Nutzung darf nicht ausgeschlossen sein, z.B. durch schwere Unfallverletzungen.

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