Der digitale Nachlass

Etwas problematisch im Rahmen der rechtlichen Gesamtrechtsnachfolge kann der digitale Nachlass werden. Eigentlich ist die Logik klar: wer Gesamtrechtsnachfolger wird, hat alle Rechten und Pflichten des Erblassers geerbt, also auch alle digitalen Rechte und Pflichten. Jedoch werden viele nach deutscher Formulierung erteilte Generalvollmachten von internationalen Dienstleistern nicht anerkannt. Hierüber wurden schon viele Gerichtsverfahren geführt mit unterschiedlichem Ausgang. Zudem benötigt ein Erbscheinsverfahren unter Umständen (viel) Zeit und auch mit dem deutschen Erbschein fühlen sich internationale Dienstleister oft nicht in der Pflicht, die Vorstellungen des Erben umzusetzen.

Zu denken ist also an eine ggf. besonders formulierte Vollmacht. Auch sollte der Erblasser dafür sorgen, möglichst eine Liste mit Zugangsdaten für den Erben zu hinterlassen.

Der Erblasser sollte auch Entscheidungen in Bezug auf seine Persönlichkeitsrechte treffen. Beispielsweise sollte er festlegen, ob er z.B. Profile in sozialen Netzwerken gelöscht haben möchte oder ob diese (soweit möglich) bestehen bleiben sollen. Was soll mit den Endgeräten (Handy, Tablet, PC, Smartwatch,…) und den darauf gespeicherten Daten geschehen? Was ist mit Cloud-Daten bei Google, Facebook, Youtube, OneDrive, usw…? Bei einigen Diensten können Anweisungen hinterlegt werden, bei anderen nicht.

Zugriff auf digitale Konten – hier: Facebook

Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 12.07.2018, Az. III ZR 183/17)

In einer bereits weit in der Presse besprochenen Entscheidung vom 17.12.2015 hatte das LG Berlin (20 O 172/15) den Erben den Zugriff auf ein Facebook-Benutzerkonto der verstorbenen Erblasserin ermöglicht. Das Landgericht hatte drei ganz wesentliche Dinge klargestellt:

1) Es gilt für den Vertrag deutsches Recht und die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit.

2) Eine unterschiedliche Behandlung des digitalen und des „analogen“=“normalen“ Nachlasses ist nicht gerechtfertigt.

3) Die anders lautenden Nutzungsbedingungen von Facebook, das postmortale Persönlichkeitsrecht und auch das Datenschutzrecht stehen der Verwertbarkeit des Nutzerkontos durch die Erben nicht entgegen.

Zugrunde lag das Versterben der noch minderjährigen Tochter der Klägerin. Die Klägerin wollte die in der Vergangenheit gespeicherten Daten einsehen, nicht den Account für die Tochter weiternutzen.  Sie hatte von der verstorbenen Tochter zu Lebzeiten die Zugangsdaten zum Facebook-Benutzerkonto erhalten, konnte jedoch keinen Zugriff erlangen, da das Benutzerkonto durch einen „Freund“ in den „Gedenkzustand“ versetzt worden war. Die Klage hatte Erfolg.

Im Berufungsverfahren war dann (vorübergehend) gegenteilig entschieden, jedoch hat der BGH endgültig festgestellt, dass die Eltern Zugriff auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter haben dürfen. Der Vertrag sei – wie alle anderen Vermögensgegenstände – vererbbar. Der BGH zieht richtigerweise die Parallele zu analogen persönlichen Nachlassgegenständen wie beispielsweise Briefen und Tagebüchern. Datenschutzgründe, wie sie das LG Berlin fehlerhaft sah, stünden nicht entgegen.

Nun ist also endlich die durch drei Instanzen geprüfte Streitfrage der Vererblichkeit des digitalen Nachlasses geklärt. Das Urteil hat Wirkung auch für die Frage der Vererblichkeit von emails, cloud-Daten, usw.

OLG Oldenburg – Urteil vom 30.12.2024 – 13 U 116/23 hier: Instagram

In zweiter Instanz sprach das OLG der Ehefrau und Alleinerbin das volle Zugriffsrecht auf das Instagram Konto zu. Es stellte klar, dass Instagram verpflichtet sei, der Erbin  uneingeschränkten Zugang inklusive der aktiven Nutzung zu dem Social-Media Account ihres verstorbenen Mannes zu gewähren.

Der Zugang zu einem Social-Media-Benutzerkonto sei grundsätzlich vererblich und stehe dem Erben zu. Es gebe keine überzeugenden Gründe die einer weiteren aktiven Nutzung des Kontos durch die Erbin im Wege stehen würden. Vielmehr trete die Erbin in die vertragliche Rechtsstellung ihres verstorbenen Mannes mit sämtlichen Rechten und Pflichten ein.

Apple iCloud Besonderheit

Seit einigen Jahren gewährt Apple den iCloud-Kunden die Möglichkeit, Nachlasskontakte einzurichten. Vorangegangen war ebenfalls ein Gerichtsverfahren. Das Landgericht Münster hatte Apple zuvor verurteilt, den Erben Zugang zu gewähren, Az. 014 O 565/18

Zusatz zum Testament

Mit einem handschriftlichen Zusatz zum eigenhändigen Testament oder als besondere Regelung in einem notariellen Testament kann vorsorglich klartstellend der Zugriff auf den digitalen Nachlass geregelt werden. Es kann auch eine Vertrauensperson bestimmt werden. Aufgrund der internationalen Bezüge könnte eine englischsprachige Version/Übersetzung sinnvoll sein. Höchst hilfreich für die Erben ist in jedem Fall eine Liste mit Zugangsdaten.